Aktuelles aus dem Frauenbund

Weihnachtsgruß

Weihnachtsgruß

Ich kannte sie nicht. Ihr Name sagte mir nichts. Doch im weiteren Gespräch erfuhr ich: Sie war Jüdin, und zwar aus den Niederlanden. In den Jahren 1941 bis 1943, also während der deutschen Besetzung der Niederlande, nutzte sie  das Tagebuch und auch eine weitreichende Briefkorrespondenz, um sich all ihren Schmerz, all ihre Gedanken, die sie in dieser schweren Zeit bedrängten, von der Seele zu schreiben. Aus der kompletten Lektüre zeigt sich eine beeindruckende Frau, die nicht nur mit der gesellschaftlichen Situation hadert, sondern die auch schließlich ihr Glaubensfundament in Gefahr sieht: Sie ringt mit dem Glauben an den befreienden und geschichtsmächtigen Gott Israels, wenn sie immer wieder diese eine Frage stellt: 

 

Welche Rolle spielst Du eigentlich, Gott, in all der Aussichtslosigkeit, die wir in diesen Tagen und Wochen erleben?

Im sogenannten Sonntagmorgengebet findet Etty Hillesum eine Antwort. Da schreibt sie:


 „Es sind beängstigende Zeiten, mein Gott. Heute Nacht lag ich zum ersten Mal mit brennenden Augen schlaflos im Dunkeln und viele Bilder menschlichen Leidens zogen an mir vorbei. (… .) Ich werde dir helfen, Gott, dass du nicht in mir zugrunde gehst, aber ich kann im Voraus für nichts garantieren. Aber eines wird mir immer klarer: Dass du uns nicht helfen kannst, sondern dass wir dir helfen müssen, und dadurch helfen wir uns selbst. Und das ist das Einzige, was wir in dieser Zeit bewahren können, und auch das Einzige, auf das es ankommt: ein kleines Stück von dir in uns selbst, Gott. Und vielleicht können wir auch mithelfen, dich in den geplagten Herzen anderer zutage zu fördern.“ (Sonntagmorgengebet, Etty Hillesum: Ich will die Chronistin dieser Zeit werden. Sämtliche Tagebücher und Briefe 1941–1943, Hg. von Klaas A.D. Smelik, München 2023, S. 620ff)

Welch ein Antwort: Sie erwartet nicht etwa, dass Gott den Menschen hilft. Nein, es ist genau umgekehrt: Gott wird durch Menschen geholfen. Gott muss sich durch Menschen helfen lassen. Dieser Gedanke von Etty Hillesum steht quer zu dem Gottesbild, mit dem wir in der Regel glaubend unterwegs sind.  Doch genau hier kommt für mich eine zutiefst weihnachtliche Komponente ins Bild. Von Weihnachten her erklärt sich mir ihr Gedanke: Der große Gott macht sich klein und wird Mensch. Der Gott der Christen begegnet der aus den Fugen geratenen Welt im hilflosen Kind von Bethlehem. Das heißt doch nichts anderes als: Gott übergibt sich ganz in die Verantwortung der Menschen. Er über-antwortet sich. Das Wort, das Fleisch geworden ist, fordert zur Antwort heraus. Er begibt sich vom Himmel nach unten auf die Erde, um ganz nah bei den Menschen zu sein. So nah, dass ihn seine nie endende Liebe ohnmächtig und wehrlos macht. Wir kennen das als liebende Menschen, die wir uns freiwillig in die Hände des jeweils anderen begeben haben.… Das göttliche Kind fordert uns heraus, erwartet unsere Hilfe, nimmt uns in die Verantwortung für unsere Welt, macht uns zu Hirtinnen und Hirten an der Krippe, die wissen, dass einfach nicht reicht, anbetend da zu stehen. Wer an der Krippe war, weiß, dass es erst jetzt neu  beginnt, mit neuer Kraft, mit neuem Mut, mit neuer Zuversicht, eben weihnachtlich. Christinnen und Christen sind eben nicht nur Oster- sondern auch Weihnachtsmenschen!

Eine gesegnete Zeit!

Hermann-Josef Vogt

(Geistl. Beirat des KDFB Diözesanverbandes Paderborn)

 

Wer nach Bethlehem fliegen will
in den Stall
und wer meint,
dort ist auf jeden Fall
der Frieden billig zu kriegen,
der sollte woanders hin fliegen.

Wer nach Bethlehem reisen will
zu dem Sohn
und wer glaubt,
dort sei die Endstation
mit Vollpension für die Seelen,
der sollte was anderes wählen

Wer nach Bethlehem gehen will
zu dem Kind
und wer weiß,
dass dort der Weg beginnt
ein jedes Kind nur zu lieben,
der könnte es heute schon üben.

(Hildegard Wohlgemuth)

 

 

 

 

 

Der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) ist ein unabhängiger Frauenverband mit bundesweit 160.000 Mitgliedern. Seit der Gründung 1903 setzt er sich für eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Politik, Gesellschaft und Kirche ein.

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